Kangal

Inhaltsverzeichnis

1. Imposantes Auftreten, weicher Kern – Erscheinungsbild und Wesen der Kangals

2. Gegen Wind und Wetter gewappnet – Lebenserwartung der Kangals

3. Von Arbeitshunden zu Maskottchen der Türkei – Herkunft und Geschichte der Kangals

4. Viel Auslauf und ein festes soziales Umfeld – Die Pflege der Kangals

5. Dominante Hunde mit eigenem Willen – Erziehung der Kangals

6. Ein Spezialist, der Spezialisten braucht – Was Kangals auszeichnet

7. Hirtenhunde ohne Herde – Zucht von Kangals

8. Vor- und Nachteile von Kangals gegenüber anderen Rassen

Als bekanntester Vertreter der Anatolischen Hirtenhunden – unter denen nach FCI die Typen Kangal, Akba und Kars-Hund zusammengefasst sind – wird der Kangal in seiner Heimat hauptsächlich als Arbeitshund eingesetzt. Selbstbewusst und wachsam treibt er seine Schafherden über das weite Land, beschützt sie gegen Eindringlinge und ist dabei kaum auf seinen menschlichen Partner angewiesen. Der Kangal als Herdenschutzhund muss Verantwortung übernehmen und Eigeninitiative zeigen, um alles im Blick zu behalten und seinen Aufgaben nachzugehen. Seine Umgebung wird schnell zu seinem persönlichen Revier, das er nicht nur mittels Duftmarken kennzeichnet, sondern auch gegen andere Raubtiere verteidigt. Die Füchse und Wölfe Anatoliens werden entweder durch Drohgebärden des Kangals ferngehalten oder er jagt und tötet sie sogar.
Gleichzeitig muss er ausgeglichen genug sein, die Tiere ruhig und geschlossen halten zu können. Er muss sich an ihre Bewegungen anpassen und abschätzen können, wie er mit ihnen umzugehen hat. Dabei entwickelt der Kangal nicht nur eine Routine, sondern reagiert auch flexibel je nach Situation.
All das prägt das Wesen dieser Hunde. Sie sind eng mit ihren Ursprüngen verbunden. Bei uns in Deutschland herrschen die Rahmenbedingungen Anatoliens natürlich nicht: Der Platz ist begrenzt durch Zäune, Häuser und Straßen, enger besiedelt und im Privathaushalt wird der Kangal sicher keine Beschäftigung als Hirte finden. Das dominante Revierverhalten, bei seiner Arbeit noch geschätzt, wird von uns schnell als gefährlich eingestuft. Die Ansprüche, die wir an einen Hund haben, sind anders als die der Hirten. Wir wollen einen treuen Freizeitbegleiter, der sich in unseren Alltag anpasst und allgemein als brav gilt.
Ein treuer Begleiter kann der Kangal bei richtiger Haltung und gutem Umgang mit der anspruchsvollen Rasse trotzdem werden. Hier sind aber Beschränkungen auferlegt, denn aufgrund des eigensinnigen Wesens der Kangals kann es immer zu Konflikten und Situationen kommen, in denen er tut, was er für richtig hält. Ein potentieller Halter sollte also klare Linien und Erfahrung mit der Erziehung von Hunden mitbringen, um sich durchsetzen zu können. Damit verbunden ist der erhöhte Zeitaufwand, der investiert werden muss. Da Kangals mit Einsetzen der Dämmerung aktiver werden – als Konsequenz der anatolischen Sonne und der nachtaktiven Raubtiere – eignen sich freistehende Häuser mit Garten und ausreichendem Abstand zum Nachbarn besser als Reihenhäuser oder gar eine einzelne Wohnung. Die Rasse ist nur bedingt als Familienhund geeignet und muss in diesem Fall sorgsam integriert und von allen Familienmitgliedern hinsichtlich ihres Wesens respektiert werden. Ist dies aber bewältigt, ist der Kangal sehr loyal und menschenbezogen.

Imposantes Auftreten, weicher Kern – Erscheinungsbild und Wesen der Kangals

Kangal Hund

Bild eines Kangals

Größe:
70 – 85 cm (Rüden größer als Hündinnen)

Gewicht:
40 – 70 kg (nach Größe und Geschlecht; Rüden schwerer als Hündinnen)
Körperbau:
Molosser, muskulös, stämmig, mit schlanken Beinen
Farbe:
cremefarben bis Falbe, schwarze Maske, weiße Abzeichen möglich
Fell:
kurz, dichtes Unterhaar (variiert), graues Deckhaar möglich, bei Rüden mähnenartiger Kranz um Hals
Kopf:
groß und breit (vor allem bei Rüden), flacher Schädel, Furche zwischen den Augen, relativ lange Schnauze, schwarze Hängelefzen
Augen:
dunkel, gold bis dunkelbraun, mandelförmig, schwarz umrandet, klein

Ohren:
mittelgroß, dreieckig mit abgerundeten Spitzen, flach anliegend

Rute:
lang, hoch ansetzend, bei Ruhe hängt sie leicht eingerollt hinab, bei Erregung wird sie hoch gestreckt und vollständig eingerollt

Besonderheiten:
einfache oder doppelte Wolfskralle (nicht immer, je nach Vererbung)

Wesen: dominant, selbstbewusst, eigenständig, ausgeprägtes Revier- und Jagdverhalten, hoher Beschützerinstinkt, wachsam, anpassungsfähig, ruhig und ausgeglichen, sensibel und Fremden gegenüber distanziert

 

Der Körperbau des Kangals ist an die anatolischen Bedingungen und seine Aufgaben als Hirtenhund angepasst. Er kann sehr schnell rennen, ist aber zugleich ungeheuer kräftig. Das cremefarbene Fell ermöglicht es ihm, sich an die Schafherde anzupassen. Die weißen Abzeichen kommen meistens nur an Brust und Beinen vor. Unterfell und kleine Augen sind zum Schutz vor den vorherrschenden Klimaten angelegt.

Wie bereits beschrieben ist der Kangal ein dominanter Hund, der sich nicht gerne unterordnet, sondern die Kontrolle über das Geschehen behalten will. So trifft er auch mal Entscheidungen in eigener Mission, die nicht immer unseren Erwartungen entsprechen. Gegenüber Artgenossen tritt er selbstbewusst und abwehrend auf, wenn diese ihm fremd sind. In seiner Heimat begegnet der Kangal kaum fremden Hunden, da die Reviere weit abgesteckt sind. Meistens werden diese als Eindringlinge betrachtet.

Ihr Leben ist vollkommen auf die Aufgabe des Bewachens und Beschützens ausgerichtet, doch die Kangals besitzen auch einen starken Jagdtrieb. Gegenüber ihrem Halter sind sie loyal und beschützerisch, während viele Exemplare Fremden zuerst mit Misstrauen begegnen. Nicht aber aggressiv, wie es oft beschrieben wird, sondern neutral und abwartend, was ihrem ruhigen Wesen entspricht. Wenig Spaß haben sie an Hundesport und ausgedehnten Spieleinheiten, da sie daran gewöhnt sind, sich ihre Kräfte aufzusparen.

Gegen Wind und Wetter gewappnet – Lebenserwartung der Kangals

Kangal erreichen ein durchschnittliches Alter von 10 bis 14 Jahren. Die ersten drei Jahre ihres Lebens sind sie weder geistig noch körperlich ausgewachsen. Gerade beim Übergang vom Welpen zum jungen Hund ist die Wesensveränderung erstaunlich und sorgt bei unerfahrenen Hundehaltern für Frust. In ihrer
Heimat dient diese Phase dem Erlernen der späteren Aufgaben als Hirtenhunde. Die jungen Kangal probieren sich aus und werden dabei nicht nur von ihren Besitzern, sondern auch von den anderen Tieren in ihre Schranken gewiesen. Zugleich beginnen sie damit, Verantwortung zu übernehmen und sich ihrer Rolle bewusst zu werden.
Als sehr widerstandsfähige Rasse sind keine häufig auftretenden Krankheiten bekannt. Sie sind wenig anfällig, dafür aber umso sensibler gegenüber Narkosen und Beruhigungsmitteln. Bekannte Beschwerden können natürlich trotzdem auftreten, wenn der Bewegungsapparat falsch oder zu viel beansprucht wird oder sich Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt ergeben.
Die Lebenserwartung eines Kangal kann von uns positiv beeinflusst werden, indem wir als Halter auf eine hundegerechte Lebensweise achten, die an die Bedürfnisse des Kangals angepasst ist. Das betrifft neben seinem körperlichen auch sein seelisches Befinden, denn Kangals sind sehr sensible Hunde.

Von Arbeitshunden zu Maskottchen der Türkei – Herkunft und Geschichte der Kangals

Die Kangals werden in der Türkei Karabas genannt, was Schwarzkopf bedeutet. Diese Bezeichnung findet sich bereits 1592 für einen Hund, der dem heutigen Kangal ähnlich gesehen haben muss. Es wird vermutet, dass die Rasse selbst von den Jagdhunden Mesopotamiens abstammt. Diese wiederum könnten von Nomaden aus Zentralasien mitgebracht worden sein. Die Existenz schwerer, großer Hirtenhunde bei Völkern, die in frühen Jahrhunderten Anatolien besiedelten, kann durch Basreliefs belegt werden. Sie sollen mit Händlern gereist und so weit herumgekommen sein.
Den Namen Kangal erhielt die Rasse erst im 18. Jahrhundert mit den Bemühungen der adeligen Familie Kangal, die Reinheit zu gewähren und Rassestandards zu schaffen. Die Familie lebte in der gleichnamigen Stadt in der türkischen Provinz Sivas, weshalb diese Region als Herkunft der Kangals angesehen wird. Sogar Kangal-Festivals finden dort heutzutage statt und die Hunderasse ist inzwischen zum stolzen Ausweisungsmerkmal der Türkei geworden. In fast jedem Dorf sind die Hunde zu finden, die oft frei durch die Gegend streifen und in die Gemeinschaft so weit integriert, dass sie sozial an die Menschen gebunden sind. Vornehmlich arbeiten sie natürlich für Hirten und ihre Herden. Die weltweite Ausbreitung der Zucht begann mit der Verschiffung einiger Tiere nach England im Jahre 1965. Bald darauf folgten die USA und die Niederlande.
Der Status des Kangals als eigenständige Rasse ist umstritten. Offiziell wird er neben dem weißen und leichteren Akba und dem selteneren Kars-Hund aus dem Nordosten der Türkei unter den Anatolischen Hirtenhunden zusammengefasst. Auf Türkisch lautet die Bezeichnung Çoban Köpeği. Inzwischen konnte aber nachgewiesen werden, dass sich die drei Rassen genetisch unterscheiden. In der Türkei werden sie jeweils als eigenständig angesehen.

Viel Auslauf und ein festes soziales Umfeld – Die Pflege der Kangals

Der geschichtliche Hintergrund des Kangals zeigt bereits, wie viel Kraft in den massigen Körpern steckt, über die Jahrhunderte antrainiert durch die Arbeit als Hirtenhunde. Dementsprechend viel Auslauf benötigen sie. Neben täglichen, ausgedehnten Spaziergängen, während der sich der Kangal auslaufen sollte, ist ein großzügiger Garten als Aufenthaltsort wichtig. Dabei muss auf die Umzäunung und die Nachbarschaft geachtet werden: Die erhöhte Fixierung auf das Revier und das soziale Umfeld können zu Konflikten führen und das laute Bellen bei Dämmerung auf wenig Begeisterung bei den Nachbarn stoßen. Entsprechend der Größe des Hundes sollte auch die Gartenbegrenzung hoch genug sein.
Der Kangal ist kein Wohnungshund, wenn er sich auch gerne mal zu seinen Menschen legt und entspannt. Er ist mit den Verhältnissen, die wir ihm bieten können, und ohne Aufgaben schnell unterfordert. Dann können Frust und Langeweile zu Problemen führen, die mittels genügend Beschäftigung vermieden werden können.
Die Fellpflege gestaltet sich wie bei jedem Hund mit dichter Unterwolle und sollte regelmäßig durchgeführt werden. Vor allem im Sommer stellt es eine große Erleichterung für den Kangal dar, das überflüssige Haarkleid ausgebürstet zu bekommen. Der Fellwechsel findet zweimal im Jahr jeweils zum Sommer und Winter hin statt. Auch Baden und Duschen schaffen Abhilfe, wobei der Kangal das aufgrund seiner Eigenständigkeit gerne selbst übernimmt und direkt in den See oder Teich springt. Ansonsten ist es nicht notwendig, einen Kangal regelmäßig zu baden. Sollte es aber doch mal nötig sein, ist eine frühe Gewöhnung an die Utensilien hilfreich. Dagegen sollte auf die Pflege der Ohren geachtet werden, die vorsichtig mit Watte durchgeführt wird. Um Zahnfleischentzündungen vorzubeugen, eignen sich Kauknochen, da nicht jeder Hund an Zahnbürsten gewöhnt ist.
Darüber hinaus können zwischen den Pfoten immer wieder Fremdkörper steckenbleiben. Das muss regelmäßig kontrolliert werden, um Schmerzen beim Laufen und Entzündungen zu vermeiden. Wenn dein Kangal eine Wolfskralle hat, musst du auch diese von Zeit zu Zeit neben der gängigen Nagelpflege kürzen.
Ist der Kangal auch sehr robust und wenig anfällig für Krankheiten, so bleibt der regelmäßige Gang zum Tierarzt trotzdem wichtig. Gerade bei großen Hunden können sich Beschwerden des Bewegungsapparats zeigen, wie Hüftgelenk – oder Schultergelenkdysplasie. Weiterhin sind Krebserkrankungen und Allergien möglich. Impfungen sind einmal im Jahr durchzuführen, Entwurmungen zweimal.

Dominante Hunde mit eigenem Willen – Erziehung der Kangals

Kangal Hund im Fokus

Kangal im Fokus

Bei der Erziehung eines Kangals ist Durchsetzungsvermögen genauso wichtig wie Geduld und Verständnis für die Wesensarten des Hundes. Selbst wenn alle Voraussetzungen für die Anschaffung erfüllt sind, wirst du trotzdem eine Menge Zeit und Nerven in die Erziehung stecken – und Kompromisse machen müssen. Am Buddeln von Löchern und dem Umgraben des Gartens kannst du wenig ändern. Eine reine Wohnungshaltung ist für beide Seiten, für die des Menschen und die des Hundes, nicht zu empfehlen: Die Einrichtung wird darunter leiden, dass der Kangal zu wenig Auslauf hat. Nur für die Nacht ist es ratsamer, ihn im Haus zu behalten, um den Nachbarn nicht den Schlaf zu rauben.

 

Da es weniger der bloße Ort als vielmehr das soziale Umfeld ist, an das sich der Kangal bindet, sollte auf jeden Fall genügend Zeit für ihn eingeplant werden. Er ist nicht gern allein und hat am liebsten Menschen oder Artgenossen in Sichtweite. Der tägliche Gang zur Arbeit ist da natürlich nicht hinderlich, es sollte aber ein entsprechender Ausgleich für den Hund geschaffen werden. Auch für die Haltung im Rudel mit anderen Hunden ist der Kangal geeignet, wobei die Machtverhältnisse geklärt werden müssen. Das heißt allerdings: Noch mehr Platz schaffen, denn die Tiere müssen sich auch mal aus dem Weg gehen können.
Als Welpen sind Kangals äußerst verspielt, lebhaft und noch eng an die Mutter gebunden, die mit ihrem Verhalten wesentlich auf die Erziehung ihrer Jungen einwirkt. Sie sind noch einfach zu handhaben und leicht zu erziehen. Das ändert sich schlagartig mit dem Einsetzen der Pubertät nach etwa 15 Monaten. Dann findet die grundlegende Wesensveränderung hin zu einem dominanten, eigensinnigen Hund statt, die nur mit Beharrlichkeit und Erfahrung unter Kontrolle zu bringen ist. Ausgewachsen wird der Kangal gegenüber fremden Artgenossen wenig aufgeschlossen sein, weshalb die Leinenführung und Kommandos frühzeitig trainiert werden müssen. Diese sollten aber auf das Nötigste beschränkt werden, da der Kangal dazu neigt, die Anweisungen und das Gelernte über Bord zu werfen und seinem eigenen Instinkt zu folgen. Auf solche Situationen der Verweigerung solltest du immer vorbereitet sein, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben und die Kontrolle über deinen Hund zu behalten.

Ein Spezialist, der Spezialisten braucht – Was Kangals auszeichnet

Der Ursprung als Hirtenhund und die ausgesprochen hohe soziale Bindung machen den Kangal zu einem ganz besonderen Hund. Er gehört zu den größten Rassen, ist muskulös und beeindruckend in seiner Erscheinung und erweckt schnell einen furchterregenden Eindruck. Trotzdem kann ein Kangal bei richtiger Erziehung und Sozialisation ein treuer Wegbegleiter werden, dessen Fähigkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen liegen. In der Türkei Freigeister, die überwiegend als Arbeitshunde eingesetzt werden, hier loyale Beschützer, Familienhunde und prachtvolle Zuchttiere. Sogar zur Therapie werden Kangals inzwischen eingesetzt, zum Beispiel für autistische oder schwerbehinderte Kinder.
Trotzdem überwiegt leider immer noch der Ruf der Kangals als aggressive Hunderasse, weshalb sie in Hamburg und Hessen als potentiell gefährlich eingestuft werden. Hier macht die Haltung den Unterschied: Ein Kangal, der nicht sozialisiert, sondern vernachlässigt wurde, wird mit schwierigen Situationen keinen anderen Ausweg als den nach vorn wissen. Viele können auch nicht das nötige Verständnis aufbringen, um auf die sensiblen Hunde richtig zu reagieren und ihnen gerecht zu werden. Der Kangal ist kein Anfängerhund, sondern ein Spezialist, und verdient die dementsprechende Behandlung.

Hirtenhunde ohne Herde – Zucht von Kangals

Die Kangalzucht ist berüchtigt für ihre traurige Geschichten von nach Deutschland geschmuggelten Hunden, die in der Türkei aufgrund ihrer Bedeutung als Statussymbol vermehrt werden. Richtige Züchter sind das natürlich nicht, aber es ist bezeichnend für das Bild, das wir von der Rasse haben. So landen sehr viele Kangals in Tierheimen oder fristen ein beklagenswertes Leben in einer Haltung, die ganz und gar nicht artgerecht ist. Wenn du dir also vollkommen sicher bist, dass der Kangal der richtige Hund für dich ist und du schon Erfahrung mit Hunden hast, wäre es eine Überlegung wert, einem der zurückgelassenen Hunde ein neues Zuhause zu geben.
Die Zahl der seriösen Züchter in Deutschland ist verschwindend gering. Eine gute Züchtung aber versucht nicht nur die Rasse zu erhalten, sondern auch ihre natürlichen Merkmale zu verbessern und hervorstechen zu lassen. Das hat sich bei den Kangals über Jahrhunderte entwickelt: Schon die Hirten haben nur die besten Hunde zur Paarung ausgesucht, um damit Exemplare mit hervorragenden Anlagerungen für die harten Bedingungen zu schaffen. Es entstand eine robuste und leistungsfähige Elite. Die Bindung zur Herde und damit die Berechtigung der Bezeichnung des Kangals als Herdenschutzhund ist über die Zeit schwächer geworden. Gute Züchter versuchen, an diesen Ursprung wenigstens in Ansätzen wieder anzuknüpfen und sich damit auf die historische Rasse zurückzubesinnen. Erst dadurch konnten die Kangal ihre Wesensmerkmale ausbilden, für die sie heute von Liebhabern geschätzt werden.
Die FCI führt den Kangal unter den Anatolischen Hirtenhunden, während die Rasse in der Türkei als eigenständig gilt. Inzwischen gibt es Zuchtvereine für Kangals auf der ganzen Welt.

Vor- und Nachteile von Kangals gegenüber anderen Rassen

Der Kangal ist als Vertreter der Molosserzwar genauso massig, besitzt aber die Schnelligkeit und die schlanken Beine eines Laufhundes. Im Gegensatz zu den meisten anderen Herdenschutzhunden ist seine Bindung an die Herde geringer als die zum Menschen. Er geht seiner Arbeit zwar selbstständig nach, orientiert sich aber kaum an den Schafen, was sein eigenes Befinden angeht. Das macht ihn zu einem treuen Beschützer. Von anderen dominanten Hunden unterscheidet ihn wiederum sein im Grunde ausgeglichenes Wesen, das sich auch im Umgang mit Menschen zeigt. Hinzu kommt die rassetypische Widerstandsfähigkeit.

Im Vergleich mit dem Shiba Inu

Ähnlich wie der Kangal besitzt auch der Shiba Inu eine lange Geschichte, die bereits vor Christus begann. Als Wach- und Jagdhund war er in den Bergen Japans beheimatet und besitzt dementsprechend einen noch höheren Jagdtrieb als der Kangal. An raues Klima ist er gewöhnt, reagiert aber nicht so gut auf Hitze. Dafür ist er aufgrund seiner viel geringeren Körpergröße einfacher zu handhaben, wenn es um pure Körperkraft und Platzbedürfnisse geht. Die Eigensinnigkeit und das dominante Verhalten teilt er dagegen mit dem Kangal.
Seine Erziehung ist ähnlich zeitaufwendig und schwierig und führt nur bedingt zu Erfolgen. Fremden Hunden und Menschen gegenüber verhält er sich distanziert. Im Gegensatz zum Kangal lässt er sich auch in der Wohnung halten. Während sich die beiden Rassen also vom Charakter her sehr ähnlich sind, ist der Shiba Inu eher für Menschen geeignet, die keinen großen Garten zur Verfügung haben und kräftige Hunde nicht so gut führen können.

Im Vergleich mit dem Mastiff

Eine Rasse, die wie der Kangal zu den Molosser gehört, ist der englische Mastiff. Während er früher als aggressiv galt und zur Jagd und für Kämpfe eingesetzt wurde, ist der Mastiff heute ein ausgesprochen ruhiger und gelassener Hund. Kaum etwas kann ihn aus der Ruhe bringen. Er ist sehr menschenbezogen und schmust unglaublich gerne. Auch gegenüber Artgenossen ist er weniger abwehrend eingestellt als der Kangal. Wie der Hirtenhund braucht er aber viel Platz und am besten einen großen Garten. Der Mastiff gilt außerdem in vielen Bundesländern hier bei uns und in Österreich und der Schweiz als gefährlicher Hund, was die Haltung zusätzlich erschwert, wenn bestimmte Auflagen erfüllt werden müssen.
Jürgen Hitzegrad
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